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illustriert von Studio Sirup.

Ein Glas Wein mit

Claudio und Silvan Leibacher / Leibacher Biber-Manufaktur, Illnau

Das hinter Effretikon gelegene Illnau im Zürcher Oberland begrüsst mich mit frischer Luft und einer Aussicht auf schneebehangene Berggipfel. Hier findet sich einer der beiden Sitze der Leibacher Biber-Manufaktur. Die Firma hat der ostschweizerischen Lebkuchen-Köstlichkeit, die im Gegensatz zur Nürnberger Variante hauptsächlich aus Mandeln hergestellt wird, einen gehörigen Innovationsschub beschert. 2010 gründeten die Brüder Claudio und Silvan Leibacher das Unternehmen, das in Illnaus einstige Postfiliale eingezogen ist und mittlerweile rund 20 Personen beschäftigt. Der ehemalige Kundenbereich dient heute als Büro, hinter den früheren Schaltern wird der Teig zubereitet, der Anlieferungsbereich konnte praktischerweise als solcher bestehen bleiben, und in der Küche sind noch die Postfächer erhalten.

In dieser nehmen wir Platz, Silvan reicht umgehend eine Platte mit vier Produkten des Hauses, alle bio und vegan, eins davon glutenfrei. «Grundsätzlich wollte ich unseren Biber viel besser machen als die, die es schon gab», erinnert sich Claudio an die unkonventionellen Anfänge der Firma. Leibacher ist zwar ein Familienunternehmen, allerdings anders, als man sich dies für gewöhnlich unter diesem Begriff vorstellt. Weil die Tradition des Biberbackens bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht, liesse sich zunächst vermuten, dass auch hier seit Generationen am selben Nahrungsmittel gearbeitet wird. Tatsächlich hat Claudio jedoch Geschichte studiert, Silvan Betriebswissenschaft. Indes ist auch ihre Schwester Petra mit eingestiegen, die nun im Büro tätig ist. Diese Konstellation spiegelt die beiden Stränge wider, die bei Leibachers zusammenliefen: erstens die Appenzeller Herkunft eines Teils der Familie, sprich die regionale Vertrautheit mit Lebkuchen, zweitens die traditionelle Schnitzkunst, die nun modernisiert wird.

Im Keller des Elternhauses hatte Claudio, der privat historische Model sammelt – so heissen die Holzformen, mit denen die Motive auf die Biber gedruckt werden –, zunächst das Schnitzen geübt. Nach dem Studium schloss er dann eine Ausbildung als Bäcker-Konditor an, bevor Silvan einen Marketingplan entwarf: Hochwertig sollten die Produkte sein, frei von Konservierungsstoffen, bio sowieso. Bis heute meint «hochwertig» hier vor allem lokal verankert – günstig importierter Honig kommt den Brüdern nicht über die Schwelle, zumal sie an Massenproduktion ohnehin nicht interessiert sind. Beide heben hervor, dass ihre Biber dem Premiumsegment zufallen, und bekennen sich ausdrücklich dazu, für Qualität einzustehen. Den Standort Schweiz schätzen sie, auch wenn die hiesigen Deklarationsvorgaben, was wann als «bio» ausgewiesen werden darf, bisweilen herausfordernd sind.

Die Kombination aus Tradition, Ortsverbundenheit und Innovation ist ein Alleinstellungsmerkmal der Manufaktur. So ist der Betrieb heute der einzige, der sowohl selbst Formen schnitzt als auch Biber backt. Zudem hatten die Brüder die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einer rein pflanzlichen Ernährung zeitig erkannt, seit 2013 finden sich vegane Produkte im Sortiment. Silvan, der Gemischtköstler ist, sah in der Produktion von Süssem ohne Milch, Ei und Honig eine «Challenge», die er gerne angenommen hat. Mittlerweile schlägt der vegane Biber gar die Honigvariante im Verkauf, und in der Herstellung wird längst an neuen Produkten getüftelt. Im Backlabor vermischt Praktikantin Magdalena, die an der ETH Lebensmittelchemie studiert, diverse Zutaten und prüft die Resultate: die Reaktionen in der Teigvermengung und auf Hitze. Weil in hochqualitativen Waren Eier nicht einfach durch Ei-Ersatz ausgetauscht werden können, arbeitet sie an einer optimalen Rezeptur für künftige Leckereien. In den anderen Räumen wird derweil geknetet, gespritzt, in den Ofen geschoben und abgepackt.

Über Bio-Vertriebe kommen die Biber anschliessend landesweit in die Regale oder sind online zu beziehen. Nun werden sie von einer jüngeren Kundschaft entdeckt, die so gleich noch mit Traditionen wie dem Schnitzen vertraut gemacht wird. «Das Schnitzhandwerk darf nicht verloren gehen», betont Claudio, und Silvan ergänzt: «Wir möchten Ambassadoren sein für qualitativ hochwertige Nahrungsmittel.»

Wein: Roland und Karin Lenz, «Cuvée 1844»,
AOC Zürich, 2019 (Cabernet Franc)

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