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Alte und neue Sezessionen

Sezession ist «in».

Die unverhältnismässige Reaktion der spanischen Zentralregierung auf das ohnehin ungültige Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens hat sie einmal mehr auf die Agenda gesetzt: die Sezession. Man kann es nicht anders sagen: Sezession ist «in». Eben noch schaute die Welt gebannt auf die Abstimmung der Schotten zur Abspaltung von Restbritannien. Dann spaltete sich gleich ganz Grossbritannien von der EU ab – was wiederum die Schotten zum «Scexit» anhalten könnte. Fast zeitgleich zum turbulenten «Catalexit»-Votum in Spanien stimmten die nordirakischen Kurden für eine Trennung von Restirak, ebenfalls begleitet durch Säbelrasseln der Zentralisten. Dabei fällt auf: die aktuelle Sezessionswelle ist altmodischen Denkmustern verhaftet – ihr Leitbild ist der ethnische Nationalismus. Hier wünschen sich Volksstämme ihren eigenen Nationalstaat. Aus liberaler Sicht ist daran allenfalls der Wunsch sympathisch, nicht durch andere majorisiert zu werden. Dieser Widerwille brachte stets auch das freiheitliche Herz der Schweiz zum Schlagen.

Und doch scheint mir die spannendere Form der Sezession jenseits des Atlantiks in Gang zu kommen. «Calexit» nennt man dort die Idee, Kalifornien von den USA abzuspalten. Der Grund: die Kalifornier wissen so gar nichts mit Präsident Trump anzufangen. Eine Sezession also, die nicht ethnisch-kulturell begründet ist, sondern politisch. Diese Form der Sezession kann Zukunft haben. Denn eine Studie des Pew Research Center ergab jüngst, dass konservative US-Bürger vermehrt in konservative Gegenden ziehen, linke Bürger dagegen in linke. Dieser Hang zur politischen Homogenität fördert den Dissens und am Ende die Desintegration.

Politökonomisch überrascht dies nicht: es ist effizient, politische Präferenzen geographisch zu konzentrieren und politisch zu desintegrieren. Der Bürger sucht sich dann die ihm passende Regierung. Das Ergebnis: Wahlfreiheit und Wettbewerb, nicht Nationalismus. In diesem Sinne wünscht sich der liberale Freund des Kleinstaats: Calexit statt Catalexit!

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