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Wahlprogramm in einem Satz

Ein «bürgerliches» Wahlprogramm in nur einem Satz: Weniger Sozialstaat wagen!

Die eidgenössischen Wahlen nahen. Gewichtige Stimmen unterbreiten nun Vorschläge, wie einer «bürgerlichen» Politik zum Durchbruch verholfen werden kann – auch auf den Seiten dieses Magazins. Viele dieser Vorschläge erscheinen mir unnötig kompliziert. Darum hier ein «bürgerliches» Wahlprogramm in nur einem Satz: Weniger Sozialstaat wagen!

Drei Argumente sprechen dafür: Normativ ist klar, dass Eigenverantwortung der höchste aller bürgerlichen Werte ist, denn sie definiert den Citoyen. Die bürgerliche Gretchenfrage lautet darum: Wie hast du’s mit dem Sozialstaat? Wer hier nicht Eigenverantwortung vor Umverteilung setzt, verdient das Etikett «bürgerlich» schlicht nicht. Das zweite Argument ist ein pragmatisches: Der Sozialstaat ist der zentrale Treiber des Staatswachstums. Keine Staatstätigkeit wächst so substanziell, erzeugt so viel Bürokratie, dringt so tief in das intimste Privatleben ein, treibt so eindeutig Steuern und Schulden in die Höhe wie der Sozialstaat. Die «soziale Wohlfahrt» verschlingt heute ein Drittel des Bundeshaushalts. In nur zehn Jahren stiegen ihre Kosten um 5,6 Mrd. CHF (gut 40 Prozent des öffentlichen Ausgabenwachstums). Seit 1990 haben sich die Umverteilungsausgaben um sagenhafte 211 Prozent erhöht. Verkehr, Energie, Europa – viele Themen sind wichtig, sicher. Aber ein Abbau des Sozialstaats würde mehr Probleme auf einen Schlag lösen als alle anderen Politprojekte zusammen. Das dritte Argument ist strategischer Natur: Eine Analyse der Thatcherʼschen Reformen in Grossbritannien1 hat gezeigt, dass die Reduktion der Umverteilung bürgerliche Werte in der Bevölkerung stärkt. Die Bürger besinnen sich auf den Wert der Eigenverantwortung – und geben ihn an ihre Kinder weiter. Der Abbau des Sozialstaats macht daher das Land nicht nur politisch, sondern in der Substanz bürgerlicher.

Ceterum censeo für 2015: Weniger Sozialstaat wagen!

  1. Roland Benabou und Jean Tirole: Belief in a Just World and Redistributive Politics. In: Quarterly Journal of Economics, 121 (2), S. 699–746.

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