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Keine gute Idee: Souveränitätsfonds

Didier Sornette wünscht sich einen Schweizer Souveränitätsfonds. Die Risiken sind enorm. Eine Replik.

Ausbruch der Finanzkrise kämpft die Schweizerische Nationalbank (SNB) massiv gegen die Frankenstärke. Hat die Währungshüterin im März 2009 noch mit einem «limitierten» Einsatz von vier Milliarden Euro versucht, die Aufwertung zu bremsen, warf sie am 6. September 2011 entnervt das Handtuch und führte die Euro-Franken-Untergrenze von 1.20 ein.

Am 15. Januar 2015 beugte sich die SNB aber dem Quantitative-Easing-Programm der EZB und verabschiedete sich von der Untergrenze. Trotzdem intervenierte die SNB weiterhin kräftig, was die Fremdwährungsreserven zwischenzeitlich auf 532 Milliarden anschwellen liess. Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, ist die Schweiz so unter die Top-4 der weltweit grössten Reserveländer vorgestossen.

Diese Situation hat verschiedene Politiker und Intellektuelle auf die Idee gebracht, man könnte mit dem enormen Fremdwährungsbestand einen Staatsfonds äufnen. Insbesondere Didier Sornette versuchte in einem Beitrag in diesem Magazin der Leserschaft die Vorteile eines solchen Fonds schmackhaft zu machen.1

Diese Idee muss aber kritisch hinterfragt werden. Warum?

  • Grundsätzlich macht ein Staatsfonds nur dann Sinn, wenn das Startkapital aus den Einnahmenüberschüssen aus Rohstoffexporten wie Erdöl und Edelmetallen kommt. Künstlich geschaffenes Geld ist bloss ein geldpolitischer Trick, den die Devisenmärkte durchschauen würden. Sie wissen, dass bei einer Abwertung der Staatsfonds die Geldmenge über Verkäufe im Ausland wieder verkleinern müsste.
  • Die Geldpolitik geniesst absoluten Vorrang. Die Anlagepolitik der SNB hat sich den Erfordernissen der Schweizer Geldpolitik unterzuordnen und muss entsprechend kurzfristig ausgerichtet sein. Didier Sornettes Idee sieht aber langfristige Investitionen vor. Er spricht ja von einer Investitionsstrategie, die üblicherweise von universitären Stiftungsfonds verfolgt wird und einen Anlagehorizont im Jahrhundertbereich hat.
  • Die SNB investiert bereits heute rund 13 Prozent ihrer Reserven in ausländischen Aktien. Sie ersetzt somit bis zu einem gewissen Grad die fehlenden Auslandsinvestitionen der Schweizer. Man könnte diesen Anteil sicherlich über eine gewisse Zeit erhöhen, ohne deshalb gleich einen Staatsfonds gründen zu müssen.
  • Anzunehmen, dass die Schweizer nicht klug genug seien, selbst im Ausland zu investieren, zeugt von einem antiliberalen und -etatistischen Weltbild. Wer sagt denn, dass ein Staatsfonds effizienter und effektiver investieren kann als die Marktteilnehmer?
  • Wenn die Schweizer nicht im Ausland investieren, hat das seine guten ökonomischen Gründe. Offensichtlich ist der Druck aufgrund des starken Schweizer Frankens nicht gross genug, um den «Home Bias» aufzugeben.
  • Was müsste der Staatsfonds unternehmen, wenn der Schweizer Franken plötzlich über längere Zeit unterbewertet wäre, was im Jahr 2007 bei einem Euro-Franken-Kurs von 1.68 für längere Zeit der Fall war? Müsste der Staatsfonds der Logik entsprechend die langfristigen Auslandsinvestitionen allenfalls mit Verlust verkaufen oder gar schliessen? Hier entsteht ein latentes Risiko für das Vermögen der Bürger.
  • Staatsfonds sind – wie das Beispiel Norwegen zeigt – anfällig für Missbrauch, weil sie politische Begehrlichkeiten wecken. Die «Stiftungsräte» eines Staatsfonds könnten die Gelder für ihre Interessen missbrauchen.

 

So unangenehm die gegenwärtige Situation für die Schweizer Volkswirtschaft ist, so entschieden muss man der Idee eines Staatsfonds entgegentreten. Wir wissen von Rudi Dornbusch (1942 – 2002), einem führenden Ökonomieprofessor vom MIT, dass geldpolitische Schocks wegen starrer Löhne und Güterpreise kurzfristig zu grösseren Wechselkursveränderungen führen als auf lange Sicht. Währungen würden sich also über längere Zeit von ihrem «fairen» Gleichgewichtskurs entfernen und massiv über- und unterschiessen. In einer solchen Situation befindet sich die Schweiz heute. Vor diesem Hintergrund überlässt man die Anpassung der Überbewertung des Frankens besser dem Markt als einem politischen Staatsfonds.


1 Didier Sornette: «Ein Schweizer Souveränitätsfonds», in Schweizer Monat, Oktober 2015 (Ausgabe 1030), S. 26 – 31

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